Sonntag, 23. März 2008
Meine Begegnung mit dem Tod
Motorroller sind super. Schnell, wendig, sparsam und oft sehen sie auch noch spitze aus. Motorroller fahren auf der Strasse, manch einer benutzt sie im Gelände oder auf der Rennstrecke. Wo sie aber ganz sicher nicht hin gehören sind die völlig überfüllten Bürgersteige Seouls.

Leider sehen das alle und ich meine ausnahmslos alle Rollerfahrer das anders. Sei es um den Verkehr auf den Strassen zu entfliehen, die Pizza direkt bis vor die Tür zu fahren oder einfach nur um Passanten zu gefährden. Tagsüber ist man wachsam und zu zweit (jeder passt auf den anderen auf) ist es fast schon spielerisch einfach den Maschinen zu entkommen. Aber wehe es wird dunkel...

Man kommt aus einer Bar und ist vielleicht nicht mehr so wachsam, weil man alkoholische Getränke konsumiert hat und sich nun mehr auf, anstatt mit der Begleitung konzentriert. Erschwerend kommt noch hinzu das die meisten Roller schon Antiquariate sind und ohne Licht daher kommen. Die Bürgersteige werden zur Todesfalle. Schon mehrmals konnte ich mich nur noch in letzter Sekunde hinter eine Absperrung oder einen Baum retten. Ein Freund von einer Austauschstudentin aus Nepal die letztes Jahr hier studiert hat, soll beobachtet haben wie ein unachtsamer Gast tatsächlich überrollt wurde... 2 Mal hintereinander... War bestimmt kein schöner Anblick...




Unter Einsatz meines Lebens und mit höchster Vorsicht konnte ich glücklicherweise zwei dieser Monster digital festhalten. Die schlechte Bildqualität bitte ich dabei zu entschuldigen - sagte ja bereits wie schnell die Dinger sind...
Mein hollywoodreifer Auftritt
Eins ersteinmal vorweg: überall wo ich hin komme, ständig wenn ich durch die Straßen schlendere, jeden Tag in der Cafeteria werde ich mit Blicken verfolgt als wäre ich ein fremdes Wesen oder besser... ein Star. Gründe hierfür liegen auf der Hand:

1. Meine Größe
2. Meine blonden Haare
3. Meine blasse Haut.

Ich war kaum eine Woche hier, hab mich also noch nicht mal an diese überschwemmende Aufmerksamkeit gewöhnen können, da zieht es mich schon zum ersten Fussballspiel des FC Seoul. Anlass war ein Freundschaftsspiel gegen die LA Galaxy und dem Star schlechthin - David Beckham.

Als wir am Stadion nach ca. 30min U-Bahn ankamen, sah ich schon die erste Überraschung. Das Freundschaftsspiel wurde mit einem Medienrummel aufgezogen wie ich es nicht erwartet hatte. Überall waren Promotionzelte aufgebaut, Musik dröhnte aus unzähligen Lautesprechern und Menschen wohin man schaute. Es waren noch ca. 70 Minuten bis zum Anstoss, genug Zeit also um den einen oder anderen Stand etwas genauer unter die Lupe zu nehmen, angefangen beim Größten - dem vom Hauptsponsor Addidas. Kaum hatte ich die Standfläche betreten bekam ich dieses merkwürde Gefühl: hier gab es was zu holen...




Über die Massen an Koreanern konnte ich es entdecken. Ein Spiel war aufgebaut. Ein Tor auf der einen Seite, links und rechts davon übergroße Pappspieler, eine Rasenfläche mit einem Ball auf der anderen Seite. Ziel des Ganzen: den Ball mit 'Bande' und eine harten Schuss ins Tor befördern. Haken an der Sache: es muss zweimal geschossen werden sowohl mit rechts als auch mit links.
Ich musste gar nicht drängeln, sobald mich der Moderator entdeckte (was nicht schwer war, bin ich doch ein Kopf größer als die anderen) durfte ich unter Applaus auf die Spielwiese. Nach kurzer Begrüßung, der Frage nach meiner Herkunft (und dem damit verbundenen Applaus der Menge), Smalltalk über das WM Halbfinale Deutschland -Korea und dem FC Seoul (hier musste ich passen) durfte ich endlich ran. Eine schwere Bürde lag auf mir - ich durfte nun auf keinen Fall versagen. Welches Bild eines Deutschen würde ich ablieferen wenn ich den Ball nicht versenke...

Als mich Huey aus dem Freudentaumel riss hatte ich ein paar Addidas-Socken und ein Addidashalstuch in meinen Händen. Ehre gerettet...

Noch benommen vom Erfolg stolperte ich in die nächste Vorstellung. Eine Kamera hing plötzlich in meinem Gesicht und die nette, etwas aufdringliche Dame unterhielt sich mit meiner Begleitung auf Koreanisch. Ob ich denn etwas gegen ein Interview hätte, erfuhr ich kurz darauf. Für KBS, das nationale Fernsehen. Kein Problem, ich bin für alles zu haben - worum gehts?



Ein paar Worte über mich, über Korea, über David Beckham, über den FC Seoul und wie ich denn überhaupt zu diesem Spiel gekommen bin später, war ich endlich erlöst. Ohne Versprecher in feinstem Englisch legte ich ein Interview hin wie es kein Zweites gibt. Ich bekam eine Visitenkarte zugesteckt und erfuhr den Zeitpunkt der Ausstrahlung. Die Verabschiedung viel sehr kurz aus, denn das Spiel musste jeden Moment anfangen. Laute Böller gingen in der Ferne hoch und Raketen flogen übers Stadion. Mist, den Anstoss hab ich verpasst - dafür aber lange nicht mehr so viel Aufmerksamkeit genossen. Ich glaub ich bin ein Star....